Erntedankfest 2024

Erstellt am 06.10.2024

 

 

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

 

Liebe Gemeinde,

 

      am ersten Sonntag im Oktober feiern wir Erntedank.

Wir dürfen uns freuen an dem, was hier in der Kirche an schönen Erntegaben zusammen gekommen ist.

Vielen herzlichen Dank an alle, die etwas dazu beigetragen haben….

 

Und wir sind eingeladen einmal inne zu halten und zu schauen wofür wir ganz persönlich dankbar sein können.

Ein bisschen ähnlich wie an Silvester, wo wir auf ein vergangenes Jahr zurück blicken, schaue ich immer gern an Erntedank auf die vollen Erntekörbe aus meinem Garten und ebenso auch innerlich auf das, was in diesem Erntejahr in mir wachsen und reifen durfte….

Es ist eine Herzensangelegenheit, keine nüchterne Bilanz die abrechnet, sondern die mit gütigem Blick schauen kann, auch auf das wofür ich vielleicht eigentlich garnicht so dankbar bin…

 

Das ist eine spannende Sache mit der Dankbarkeit:

 

Ich lese uns grade einmal den Vers aus dem Timotheusbrief, der heute als Predigttext vorgeschlagen ist, da heißt es im vierten Kapitel:

Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; 5denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.

 

Ich weiß nicht wie es ihnen geht, wenn sie das hören, in meinen Ohren klingt das ganz schön steil.

Alles was Gott geschaffen hat ist gut. 

Ok. Also auch die Schnecken und die Läuse und die Wühlmäuse mit denen ich meine Ernte geteilt habe.

All solche Widrigkeiten sind nicht böse, auch wenn sie einem manchmal das Leben schwer machen können. Das kann ich verstehen.

 

Aber dann geht es weiter: nichts was mit Danksagung empfangen wird ist verwerflich…

Was mag das bedeuten?

Auf die innere Haltung scheint es an zu kommen. Wenn ich etwas dankbar annehmen kann, wird es mir nicht schaden, auch wenn  es eigentlich verwerflich gewesen wäre?!

Alles wird geheiligt durch Gottes Wort und Gebet!?

Was heißt das konkret?

Also ist stelle mir vor, ich habe eine Konserve aufgemacht, oder irgend etwas Eingemachtes auf meinem Teller, wo das Haltbarkeitsdatum schon in  Mutters Vorratskammer lange aufgelaufen war…

Ein Dankgebet darüber sprechen und unbesorgt essen?!

So könnten wir es doch verstehen oder?

 

Ich finde das hochspannend!

 

Vielleicht spüren wir, daß zugleich etwas Richtiges daran ist, aber auch etwas irgendwie Schräges…

 

Was ist das Geheimnis des Dankgebets?

Ich denke, falsch wird es, wenn wir es nehmen wollten, wie eine Zauberformel oder wie einen Schutzmechanismus.

 

Ich habe vor Jahren mal verdorbene Ochsenschwanzsuppe gegessen, die war so scharf daß ich das nicht schmecken konnte, und trotz Tisch Gebet hatte ich danach einen gründlich verdorbenen Magen.

Aber ich weiß noch genau, daß ich an diesem Wochenende eine Fortbildung gehabt hätte ausgerechnet zu dem Thema Vergänglichkeit - und daß ich stattdessen dann im Badezimmer hing und grinsen mußte, weil ich sehr direkt und sehr persönlich mit diesem Thema beschäftigt war …

 

Also ein Dankgebet ist keine magische Zauberformel, aber was ist es dann?

 

Haben sie noch die Worte aus dem heutigen Evangelium im Ohr?

7 Brote, Jesus spricht das Dankgebet, bricht das Brot, teilt es aus - und alle werden satt… Hunderte, ja tausende von Leuten.

Wie kann das möglich sein?

Das ist genau diese Frage, bei der wir ständig nach beiden Seiten hin abstürzen:

 

Entweder wir nehmen es wie es da steht, wörtlich, direkt und mit einem großen frommen Glauben an …

  • dann bekommen wir die Probleme, wenn wir uns vielleicht doch den Magen daran verderben, wenn wir krank werden obwohl wir doch gebetet haben, wenn Dinge im Leben weh tun, obwohl wir doch auf Gott vertrauen….                                         Das ist der Absturz zur einen Seite.

Oder wir sagen: nein, das ist ja alles nur symbolisch gemeint, im übertragenen Sinne, jedenfalls nicht ernsthaft …

  • dann machen wir es womöglich klein und schwach und drängen es in eine nicht ernst zunehmende Kinder- oder Märchenwelt….                                                   Das wäre der Absturz zur anderen Seite.

Dankbarkeit und Gebet - wie ist es wirklich damit, daß da eine echte Kraft darin liegen kann?

 

Vielleicht bleiben sie einen Moment mal jeweils ganz bei sich.

Wie fühlt sich für sie Dankbarkeit an?

Ich mache tatsächlich jetzt mal einen kleinen Moment Pause..

Bitte versuchen sie bei sich nach zu spüren, wie Dankbarkeit sich anfühlt…

-     Klangschale xxx.  -

 

Ja, ich hoffe, sie haben alle für sich etwas gefunden…

 

Ich habe einmal gesammelt, was das für Erfahrungen und Gefühle sein können:

 

Dankbarkeit als Gefühl großer Erleichterung, da ist etwas gut gegangen, wovor ich Angst hatte.. eine Prüfung, eine Operation, eine schwierige Aufgabe…

Oder

Dankbarkeit als Gefühl von Überraschung, damit hätte ich nicht gerechnet, daß das so werden könnte…

Oder

Dankbarkeit als großes Staunen, daß etwas so ist, wie ich es mir nie hätte ausdenken können …

 

Eigentlich müssten wir jetzt gemeinsam weiter zusammentragen, was da alles für Erfahrungen und Gefühle mit verbunden sein können.

Und vermutlich allen diesen Erfahrungen der Dankbarkeit gemeinsam wäre etwas, was im höchsten Sinne spirituell ist, nämlich daß wir dabei unsere eigenen Grenzen kommen und erfahren, daß darüber hinaus oder darum herum noch etwas anderes, etwas Größeres ist..

 

Dankbarkeit ist ein Beziehungsgeschehen, eine Beziehungspflege zwischen mir und dem göttlichen Geheimnis. Das ist mehr als ein gutes Gefühl oder eine sportliche Übung.

Es ist eine Beziehung zu dem, der Himmel und Erde geschaffen hat, Zeit und Ewigkeit, mehr als ich denken oder fühlen kann…

Und etwas wird geheiligt weil es in diesen Zusammenhang gebracht wird.

 

So kann ich geheimnisvollerweise tatsächlich danken auch für etwas was mir vielleicht schwer gefallen ist oder mir weh getan hat, weil ich es in diesen großen Zusammenhang bringen kann, der mein bisschen Verstehen übersteigt.

Also ich muß nicht sagen: Danke, daß es weh getan hat, sondern ich darf darauf vertrauen, daß es mir trotzdem helfen wird, daß es nicht vergeblich war… daß es einen Sinn hatte…

Alles was kaputt gegangen ist, sich verirrt hat, Tränen gekostet hat,

ist letztendlich nicht verloren gegangen, sondern noch einmal aufgehoben und geborgen in Gottes Händen.

 

Und wenn ich Danke sagen kann auch für Widriges, dann brauche ich nicht zu streiten und kämpfen und damit zu hadern, sondern lege es ab und überlasse es und lebe auch damit in Frieden…

 

So kann ich danken, nicht nur für Frühling und Sommer, sondern auch für Herbst und Winter.

 

So kann ich danken, daß Gott satt machen wird, seine Kirche, auch wenn ich vielleicht nur wenige Brote vor Augen habe.

 

So kann ich danken und beten und mein Leben, unser Leben, unsere Gemeinde in diesen großen heiligenden Zusammenhang bringen, wo ich heute noch nicht überschauen muß, wohin der Weg uns in Zukunft führen wird.

 

Denn: Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn. Drum dankt ihm dankt, drum dankt ihm dankt, und hoffet auf ihn.

Amen