Predigt am 20. Sonntag nach Trinitatis

Erstellt am 13.10.2024

von Pfarrer Markus Pape

 

Predigttext 2. Korinther 3, 1-6

 

Gnade sei mit uns und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus.

 

Liebe Gemeinde

 

Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. (Micha 6,8)

 

Mit diesem Wochenspruch für die vor uns liegende Woche sind wir in den Gottesdienst hineingegangen. Ja, uns ist gesagt, was gut ist und was Gott von uns möchte.

 

Also im Grunde: Alles klar!

 

Schön wärs, müssen wir sagen.

Gar nichts ist klar.

Das Richtige zu tun, die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist nicht so einfach wie es scheint.

 

Es ist im Leben nicht wie bei den Fragebögen für den Führerschein.

Regeln auswendig lernen.

Problem und Fragestellung anschauen und dann die eine oder vielleicht sogar mehrere richtige Antworten ankreuzen, um die Prüfung zu bestehen.

Am Ende kann der Prüfende eine Schablone über den Fragebogen legen und mit einem Blick sehen ob alles richtig gelöst ist.

 

Wenn zu viele Fehler da sind, hilft nur pauken, pauken, pauken….

Bis es am Ende ein Leichtes ist, überall die richtigen Lösungen herauszufinden.

 

So funktioniert der Straßenverkehr. Kompromisslos eindeutig. Klar geregelt und ohne Ermessensspielräume. Rechts vor links ist rechts vor links, es sei denn an allen Kreuzungseinmündungen kommen die Fahrzeuge gleichzeitig an……

 

Leben funktioniert so nicht.

Für all die Megaprobleme unserer Zeit: Krieg, Millionen von Flüchtenden, Hunger, Terror, Klimawandel gibt es nicht die klare und einfache Lösung.

 

Auch wenn die boomenden extremistischen Parteien in immer mehr Ländern genau das versprechen: Die einfachen und klaren Lösungen.

Damit bringen sie in so vielen Menschen etwas zum Klingen, dass der Verstand an vielen Stellen auszusetzen scheint. Aber der Zulauf dieser Parteien macht doch deutlich, wie groß die Sehnsucht danach ist, dass alles einfach und klar ist.

 

Wenn wir heute in diesem Gottesdienst  einen kleinen Menschen taufen, dann hoffen sie als Eltern vermutlich auch, dass unser Glaube ihrem Kind eine Hilfe sein wird, sich im Leben zurecht zu finden.

Die gute Nachricht ist: Der Glaube kann auf jeden Fall genau dazu beitragen.

Und wir als Gemeinde, Sie als Eltern, Patin und Pate, als Familie sind dazu da, dass Jaron eine Chance hat das zu lernen.

 

Aber es funktioniert nicht in dem Sinn, dass wir auswendig gelernte Antworten auf die immer gleichen Fragen geben, bis jemand im Schlaf die richtige Antwort weiß.

So wie sie in 6 Jahren oder etwas mehr mit Jaron das 1x1 üben werden.

 

Unser Glaube will helfen uns in dem komplexen Chaos, das wir Leben nennen zurecht zu finden. Gott traut uns das zu. Er hat uns auch gute Regeln dazu an die Hand gegeben. Mit den 10 Geboten kommen wir schon ein ganzes Stück weiter

 

Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten…..

 

Aber damit ist es eben nicht getan.

Wenn Jesus immer wieder sagt: „Ihr habt gehört dass gesagt worden ist…. ich aber sage euch“…..dann wird deutlich, dass all diese Regeln nicht ausreichen, um ein Leben zu ermöglichen in dem es nicht nur mir, sondern allen gut geht.

 

Gottes Wort halten

und Liebe üben, so ergänzt der Prophet Micha schon im Alten Testament

 

 

Liebe nimmt für ein gelingendes Leben eine zentrale Stelle ein:

 

Im Evangelium haben wir es eben auch gehört:

In Ehe und Partnerschaft braucht es die Liebe damit ein gemeinsames Leben eine Zukunft hat.

 

In unserem Verhältnis zu Kindern ebenso, damit diese kleinen Menschen wirklich zu ihrem Recht kommen.

 

Liebe üben, sagt der Prophet Micha….

Liebe ist keine starre Regel.

Liebe will gelebt werden, will ausgeübt werden und dazu braucht es immer wieder ganz viel Übung.

Denn Liebe folgt eben nun mal nicht klaren Regeln, keinem klaren Schema, lässt sich nicht mit irgendeiner Schablone überprüfen.

 

Liebe ist das, was das Verhältnis zwischen Gott und Mensch am Leben erhält.

Ohne Liebe wäre Gott an seiner Menschheit schon längst verzweifelt und hätte uns schon lange aufgeben müssen.

 

Liebe war es, die ihn dazu gebracht hat, seinen Sohn in diese grausame Welt zu schicken, die für die Sprache der Liebe häufig kein offenes Ohr hat und kein hörendes Herz.

Bedingungslose Liebe war das, was Jesus gelebt und gepredigt hat, um uns Menschen Mut zu machen, eingetretene Pfade und Irrwege zu verlassen. Wege, die logisch wirken und doch zu nichts führen, so wie Gewalt mit noch mehr Gewalt zu bekämpfen und dadurch auf eine gut Zukunft zu hoffen.

 

Gott traut uns, die wir uns Christinnen und Christen nach seinem Sohn nennen etwas zu. Er traut uns zu, dass diese Liebe auch durch uns in der Welt Gestalt annimmt. Gott möchte dieser Welt in all ihrem schlamassel durch uns etwas sagen.

 

So schreibt es der Apostel Paulus in seinem 2 Brief an die Gemeinde in Korinth im dritten Kapitel:

 

Es ist offenbar geworden,

dass ihr ein Brief Christi seid durch unseren Dienst,

geschrieben nicht mit Tinte,

sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes,

nicht auf steinerne Tafeln,

sondern auf fleischerne Tafeln der Herzen.

Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott.

Nicht, dass wir tüchtig sind von uns selber,

uns etwas zuzurechnen als von uns selber;

sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott,

der uns tüchtig gemacht hat

zu Dienern des neuen Bundes,

nicht des Buchstabens, sondern des Geistes.

Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.

 

Vielleicht ein wenig altmodisch und geradezu etwas schwülstig wie er hier schreibt. Aber das zeigt doch auch, dass es Paulus hier wirklich um etwas geht.

 

Wenn wir uns von Gott ansprechen lassen, dann kann es so sein sagt Paulus:

 

Ihr, die ihr glaubt, ihr seid ein Hinweis, eine Nachricht an die Welt.

 

Keine Worte, festgemeißelt wie die steinernen Tafeln der 10 Gebote, sondern fließender, beweglicher, einfühlsamer weil der Geist Gottes eure Herzen berührt hat.

 

Ihr gebt nicht einfach etwas weiter, wie eine Liste von Regeln. Ihr selbst seid es, durch deren Art zu leben die Botschaft in der Welt ankommt.

Es geht nicht um die buchstabengetreue Erfüllung irgendeiner Pflicht. Es geht darum, dem Geist der Liebe in der Welt Raum zu geben gegen all die einfachen schwarz-weiß Lösungen.

 

Das ist anstrengend. Aber es ist der Weg, der zum Leben führt

 

Wenn wir uns Jaron anschauen und uns fragen, was wir ihm mitgeben sollen auf seinen Lebensweg, dann ist es doch wohl vor allem dies: Wir sollen ihm Mut machen, der Macht der Liebe zu trauen und alle scheinbar so guten Regeln daran zu messen. Aussagen zu hinterfragen, die in Hass und Ausgrenzung oder gar in Gewalt eine Lösung der Probleme unserer Welt sehen.

Von alleine kommt ein Mensch nicht darauf, diesen Weg konsequent einzuschlagen. Dazu braucht es schon die Begegnung mit der frohen Botschaft Gottes.

 

Allein schaffen wir es auch nicht auf diesem Weg zu bleiben. Dazu braucht es die Gemeinschaft, die anderen, die diesen Weg der liebe mitgehen.

 

Und es braucht die feste Gewissheit, das Gott da ist und mitgeht.

Er der selbst die Liebe ist und uns durch seinen Geist die Kraft gibt, diese Liebe zu leben.

So wie es in Jarons Taufspruch aus dem Buch Josua heißt:

 

Sei mutig und stark!

Fürchte dich also nicht und hab keine Angst; denn der Herr, dein Gott ist mit dir überall, wo du unterwegs bist. (Josua 1, 9)

 

Diesen Mut braucht es, um die Liebe in der Welt zu leben und damit das zu tun, was Gott von uns möchte.

Er lässt uns dabei nicht allein. Fest versprochen!

 

Amen