Predigt am Sonntag Jubilate 21. April 2024

Erstellt am 20.04.2024

von Pfarrerin Kathrin Günther

 

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen

 

Liebe Gemeinde,

in diesen Wochen nach Ostern geht es um ein Neuwerden:

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur…

Auferstehung geht parallel zur Schöpfung!

 

Wenn wir uns in diesen Tagen die Natur anschauen, ist es zwar grade lausig kalt, aber wir sehen doch überall, wie die Bäume sich mit leuchtendem hellen Grün überziehen.

 

Das Alte ist vergangen, siehe Neues ist geworden…

 

Ich lese uns den Predigttext, der für den heutigen Sonntag vorgesehen ist, aus dem zweiten Korintherbrief, dort im vierten Kapitel:

 

14denn wir wissen, dass der, der den Herrn Jesus auferweckt hat, wird uns auch auferwecken mit Jesus und wird uns vor sich stellen samt euch.

15Denn es geschieht alles um euretwillen, auf dass die Gnade durch viele wachse und so die Danksagung noch reicher werde zur Ehre Gottes.

16Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. 17Denn unsre Bedrängnis, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit,

18uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.

 

 

Ich finde das klingt sehr verheißungsvoll!

Diese Idee dass wir nicht einfach nur aus Haut und Haaren bestehen, Knochen und Füllstoffe, nicht nur etwas, das alt wird und im Laufe der Jahre müde wird und morsch, sondern, dass es wie eine Innenseite gibt, einen inneren Menschen, der keinem Verfallsprozess unterliegt, sondern ständig erneuert wird. 

 

Können sie sich so etwas vorstellen?

Sich selber als inneren Menschen?

 

Ich hätte zwei Ideen dazu im Angebot.

Das erste ist eine Aussage, die mir gar nicht selten begegnet, wenn ich Besuche bei alten Menschen mache. Wenn ich dann frage, wie es sich anfühlt, nun so alt geworden zu sein, dann sagen einige: wissen sie, eigentlich fühle ich mich innerlich immer noch wie 20. Mag sein, dass die Beine nicht mehr zu schnell wollen und der Rücken weh tut, aber innen drin in mir, da laufe ich immer noch über die Wiese wie ein junges Mädchen…

Vielleicht nicken jetzt auch einige, weil sie das von sich selber auch kennen.

 

Und die zweite Idee ist ganz ähnlich,

nämlich die Selbsterkenntnis, dass wir - jedenfalls die meisten von uns - so ein inneres Kind in uns haben, dass auch nach 50, 60 oder 70 Jahren immer noch z.B. am Strand ganz traumverloren und selig versunken, Muscheln oder Steine sammeln kann….

 

Ja, spannend diese Entdeckung, dass wir auch etwas sind - bei allem ganz normalen Altwerden, das anscheinend noch einmal woandersher kommt und nicht verfällt, krank wird oder müde.

Und dieses hat zu tun mit dem, was die Bibel Auferstehung nennt, das Unsichtbare, das Ewige.

 

Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur!

 

Was für ein geheimnisvoller Satz!

Was bedeutet das?

Wie kann ich in Christus sein?

 

Jesus hatte das ja selber so gesagt: Ihr sollt in mir sein und ich in euch…

Hier geht es offenbar nicht darum, dass wir etwas machen müssten, keine bestimmten heilsnotwendigen religiösen Praktiken.

Und auch nicht darum, dass wir etwas haben müssten, nicht mal an Fähigkeiten oder Kenntnissen.

 

Sondern es geht darum zu  s e i n - in Christus sein…

In der Wirklichkeit der Auferstehung zu sein, in der Wahrheit dieser unbedingten Verbundenheit mit dem göttlichen Geheimnis zu leben, zu atmen und uns zu bewegen.

 

Dazu können uns dann wohl verschiedene Möglichkeiten helfen.

Z.B. nicht aufzugeben, den Sonntag wirklich auch Sonntag sein zu lassen. Der Versuchung zu widerstehen doch schnell mal eben noch eine Maschine Wäsche zu waschen, oder die Spülmaschine aus zu räumen…

Den Sonntag wirklich als geschenkte Zeit wahrzunehmen, mein Lebensgespräch mit Gott zu pflegen…

 

Oder: mich selber vor einem biblischen Text stille zu halten. Vielleicht schlage ich mir das Sonntagsevangelium, dass ich morgens in der Kirche gehört habe noch einmal auf, lese es ganz langsam und sorgfältig und laut für mich noch einmal und versuche dann stille zu halten. Also nicht darüber nachdenken, was ich alles schon schönes und kluges dazu sagen könnte, sondern das eigene Gedankenkarussell zur Ruhe zu bringen, damit Raum wird, den Gott mit seinem Wort an mich füllen kann. 

 

Oder: mir anzugewöhnen, jeden Tag einmal inne zu halten um zu schauen, wofür ich an diesem Tag dankbar sein kann, und diesen Dank an Gott zu richten…

Paulus spricht ja davon, dass die Danksagung der Ehre Gottes dient. Das mag in der Öffentlichkeit so sein, aber wenn ich es still für mich alleine übe, dann dient es auf geheimnisvolle Weise zuerst auch mir selber, weil es etwas mit mir macht, das mir Kraft gibt, meine Lebenskraft erfrischt und erneuert.

 

Was ich nicht möchte, ist so eine fromme Vertröstung auf ein späteres Jenseits, wo der es dann gut haben soll, der in der Zeitlichkeit Bedrängnis erleiden muss.

Ich stelle mir vor, dass solche Bibelstellen sich dazu eignen ungerechte Zustände, Ausbeutung und Sklaverei zu entschuldigen.

Ich möchte ganz im Gegenteil sogar einen direkten und unmittelbaren Gewinn aus meinem Sein in Christus erkennen: Heute und hier bekommen wir Anteil an der Auferstehung! Angst und Sorgen kann ich loslassen, weil in dieser Wirklichkeit Christi hineingezogen und getragen bin, nicht irgendwann einmal, sondern jetzt.

Der Tod braucht uns nicht mehr zu erschrecken, er kann uns nichts anhaben. 

Einsamkeit oder Schmerz werden nicht das letzte Wort behalten, denn wir gehören zu Christus, er wird uns immer nahe sein.

 

Jubilate, Kantate, Rogate, Jubeln, Singen, Beten, das sind die Übungen, die mich einbetten und bergen im göttlichen Geheimnis. Dazu sind wir in diesen Tagen und Wochen nach Ostern eingeladen.

Amen

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn. Amen.